Es kommt mit schönster Regelmäßigkeit: Wenn wieder einmal für eine Notlage gesammelt werden muss, dann gibt es neben den vielen Menschen, die mithelfen und spenden auch etliche, die das ignorieren und ausblenden. Beides ist ok; Spenden haben definitionsgemäß Freiwilligkeit in ihrem Begriff, sonst wären es ja Steuern oder Zwangsabgaben; und jeder Person steht es daher zu, sich an einem Spendenaufruf zu beteiligen oder eben nicht.
Da gibt es aber auch noch die kleine, aber höchst aktive Gruppe derer, die selbst keinerlei Beitrag leisten und zugleich lautstark die Verantwortung auf andere schieben. Meist passiert das in der Formulierung „XY hat unendlich viel Geld, soll doch der / die spenden!“ Besonders oft ist die Kirche, konkret: die katholische Kirche, das Ziel derartiger Agitation, die meist in den sozialen Medien und ziemlich unreflektiert erfolgt. Ich möchte in den folgenden Zeilen versuchen, dieses Pauschalurteil ein wenig zu beleuchten und darzustellen, dass die Wirklichkeit doch etwas komplexer ist als sie für einige Menschen aussieht.
Die Kirche…
Zuerst: Wovon sprechen wir, wenn wir von „der Kirche“ sprechen? Grundsätzlich ist es völlig richtig, dass es eine „Weltkirche“ gibt. Sie ist in der gemeinsamen Taufe gegründet; und sie besteht aus jeder Person, die irgendwann in der Geschichte und irgendwo auf der Welt im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft worden ist. Das ist die „heilige katholische Kirche“ des Glaubensbekenntnisses, das wir jeden Sonntag sprechen. In diesem Satz drückt sich nämlich nicht unser Glaube an die konkrete römisch-katholische Kirche aus – die gibt es realistisch mit all ihren Vorzügen und Schwächen, mit all ihren menschlichen und göttlichen Aspekten. Wenn es aber etwas gibt, dann muss man nicht daran glauben, sondern kann es einfach zur Kenntnis nehmen. Nein, woran wir glauben, das ist jene katholische Kirche, die das endzeitliche Ziel ist: Die allumfassende (im Bibelgriechischen heisst kata holon „dem Ganzen entsprechend“!) Gemeinschaft aller, die an Christus glauben und durch ihn und in ihm erlöst sind.
Dann gibt es als Teilmenge davon die römisch-katholische Kirche, sichtbar in ihrer menschlichen, Objekt des Glaubens in ihrer göttlichen Gestalt; für uns Katholikinnen und Katholiken das Grundsakrament (also wirksames Zeichen der Liebe Gottes in dieser Welt). Auch diese konkrete Kirche existiert weltweit; ihr verbindendes Element ist das gemeinsame Bekenntnis zu den katholischen Kernlehren. Wesentlich gehören dazu die sieben Sakramente, die permanente reale Gegenwart Christi in der Eucharistie, die Vorrangstellung des Papstes und seine verbindliche Autonomie in Fragen der Glaubenslehre und nicht zu vergessen die zentrale Rolle der Tradition innerhalb der Glaubensgemeinschaft insbesondere in der Liturgie.
Diese Kirche sind wir alle. Wir alle, nicht nur die „Hauptamtlichen“, die bezahlt werden (in relativ bescheidenem Umfang übrigens), die „Ehrenamtlichen“ wie (jeweils m/w und völlig unbezahlt) Mesner, Kommunionspender, Lektorinnen, Begräbnisleiter, Vorbeterinnen usw. usw. und die „Aktiven“, die sich z.B. durch karitative Aktivitäten auszeichnen. Nein: Wir alle sind Kirche, sind durch die Taufe Christinnen und Christen, durch Eucharistie und Firmung voll eingegliedert in das Volk Gottes, im Glauben verbunden und in der Liturgie vereint – als Katholik kann man wunderbar einen katholischen Gottesdienst in einer völlig fremden Sprache besuchen und dennoch bewusst mitfeiern. Die starke Form verbindet.
ABER:
Diese katholische Weltkirche ist eine theologische Größe, keine politische. Und wenn der Papst auch das geistliche Oberhaupt aller Katholikinnen und Katholiken ist, so hat er doch politisch (und zwar ganz offiziell im diplomatischen Protokoll) nicht mehr und nicht weniger zu sagen als das Oberhaupt eines anderen Staates – in dem Fall, weil er der Staatschef des Vatikanstaates ist.
Hier ist es wichtig zu betonen, dass die katholische Kirche wirtschaftlich völlig dezentral aufgebaut ist. Die einzelnen Diözesen arbeiten völlig autonom, und ebenso die Orden und anderen kirchlichen Wirtschaftskörper. Der Vorteil dabei ist: Sie müssen keine „Steuern“ oder Abgaben über den sogenannten „Peterspfennig“ hinaus nach Rom bezahlen. Der Nachteil: Die Autonomie der einzelnen Organe heisst auch, dass ihre Leiterinnen und Leiter in der Verwendung ihrer Mittel autonom sind. Es gibt eine jährliche Rechnungsprüfung, aber die bestätigt ja nur, dass das Budget nachvollziehbar ist – sie macht keine Verwendungsvorschriften, das ist auch nicht ihre Aufgabe.
So kommt es zu dieser interessanten Situation: Allein in der Steiermark gibt es neben der Diözese Graz-Seckau Dutzende von budgetär völlig unabhängigen Einrichtungen, die zwar kirchlicher Natur , aber wirtschaftlich völlig selbständig sind.
Am bekanntesten und mit dem größten Umsatz sind die Ordensspitäler; in der Steiermark sind das die Barmherzigen Brüder, die Elisabethinen und die Kreuzschwestern in Graz, das Marienkrankenhaus in Vorau und das Haus unserer evangelischen Geschwister in Schladming, das Krankenhaus der Diakonissen. Diese Häuser leisten Großartiges (wer schon einmal Patient dort war oder schwerstkranke Patienten dort besucht hat, weiß, wovon ich rede), werfen aber – wie jedes andere Krankenhaus außer elitären Privatkliniken – keinen Gewinn ab (das wäre auch nicht der Zweck eines Krankenhauses, meine ich).
Dann gibt es die verschiedenen Orden und ihre Niederlassungen. Besonders bekannt sind in der Steiermark die Stifte Admont, St. Lambrecht, Rein und Vorau; es gibt aber noch viele weitere Klöster – kleine und relativ unbekannte Standorte, die ihren Aufgaben in der Seelsorge und im Armendienst ohne Aufhebens nachkommen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit nenne ich hier die FranziskanerInnen in Graz und Bad Gleichenberg, die Kapuziner in Leibnitz und Irdning, die Karmelitinnen, Ursulinen, die Barmherzigen Schwestern in der Mariengasse … sie alle kümmern sich um Schulen, Arme, Obdachlose oder einfach durch ihr Gebet in Armut und Abgeschiedenheit um unser Seelenheil. Und alle diese Orden sind zwar kirchlicher Natur, aber rechtlich und wirtschaftlich völlig selbständig.
Wie unterscheidet sich ein Stift von einem Kloster? Nun, hinter einem Stift steht eine Rechtsform, die jedermann auch privat offensteht, nämlich eine Stiftung. Wenn man einen Teil seines Vermögens permanent einem bestimmten Zweck widmen möchte, dann ist eine Stiftung das Mittel der Wahl. Das ist keine neue Erkenntnis – so haben auch schon Herrscher (vergleichbar mit schwerreichen Wirtschaftsbossen heute) früherer Zeiten gearbeitet. St. Lambrecht ist z.B. eine Stiftung des Herzogs Heinrich III. von Kärnten, der dem bereits bestehenden Kloster einen (kleinen) Teil seines Eigentums übertrug, damit es wirtschaftlich selbständig existieren kann. Eigentümer des Grundbesitzes eines Stiftes ist daher nicht der Orden, sondern strenggenommen die Stiftung, die dem Orden zugewendet wurde und die ausschließlich im Sinne des Stifters zu handeln hat. Ein Kloster hingegen ist einfach die Wohn-, Gebets- und Lebensgemeinschaft von Angehörigen eines Ordens. Ein Kloster kann, aber muss kein Stift sein; in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist es auch keines, sondern eine vergleichsweise kleine Einrichtung. Diese unterscheiden sich auch nach ihrer Ordensregel in ihrer Lebensführung und spirituellen Ausrichtung – ich kann nur empfehlen, einmal „Kloster auf Zeit“ oder Exerzitien für mindestens eine Woche in einem solchen Haus zu machen, um einen Begriff von dieser ganz anderen Lebensform zu bekommen, mit ihrer je eigenen spirituellen Tiefe – und je eigenem Vermögensumfang, von wirklich persönlich arm wie die Karmelitinnen bis zu (relativ) wohlsituiert wie Augustiner-Chorherren. Letztere haben sogar einen eigenen Fernseher (im gemeinsamen Fernsehraum, NICHT einen pro Mitglied).
Die unermesslichen Ressourcen
Es ist völlig richtig, dass alle kirchlich ausgerichteten Organisationsformen zusammengenommen ein erkleckliches Vermögen besitzen. Dazu gehören Barmittel (in eher geringem Umfang), Immobilien und landwirtschaftlicher Grundbesitz. Sehen wir uns diese drei Kategorien näher an.
Barmittel
Hier möchte ich als Beispiel die Diözese Graz-Seckau herausgreifen, die ihren Rechnungsabschluss durch externe Wirtschaftsprüfer checken lässt und ihn jährlich offenlegt. Der von mir hier herangezogene ist der von 2018, der im Sonntagsblatt für Steiermark am 26.8. veröffentlicht wurde (ebd. S. 10). Die Gesamteinnahmen beliefen sich auf immerhin 105 Millionen Euro. Sie setzen sich im Wesentlichen zusammen aus Kirchenbeiträgen (68%, hier und im Folgenden sind alle Prozentsätze gerundet!), Erträge aus kirchlicher Tätigkeit (10%), Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (6 %), Subventionen und Zuschüsse (z.B. für große kulturell bedeutende Bauprojekte, 3%) und sonstige Erträge (alles andere, 6,6%) – UND staatliche Wiedergutmachung (7%). Über letzteren Posten möchte ich etwas Klärendes sagen, weil oft kolportiert wird, dass die Kirche unter diesem Titel vom Staat gefördert wird. Das ist schlicht falsch.
Der Hintergrund ist vielmehr dieser: Bis zur großen Kirchenreform, die Kaiser Josef II. Ende des 18. Jh. durchführte, war die seelsorgliche Struktur in Österreich eine völlig andere. Es gab viel weniger Pfarren als heute, aber eine viel höhere Dichte an Klöstern, von denen die meisten keine konkrete seelsorgliche Aufgabe wahrnahmen. Josef II. enteignete nun die meisten der Orden und brachte das Vermögen in einen staatlichen Religionsfonds ein, der nach heutigem Wert etwa 700 Millionen Euro (!) umfasste. Die Zinsen aus diesem Vermögen wurden nach dem Willen des Kaisers verwendet, um neue Pfarren zu errichten (jeder Untertan sollte im Umkreis von einer Stunde Gehzeit eine Pfarrkirche erreichen können) und die Priester zu besolden bzw. den laufenden Aufwand zu decken. Dafür gab es keinerlei Kirchenbeitrag durch die Gläubigen. Diese Regelung hielt sich bis 1938 (der Religionsfonds wurde 1918 mit dem Untergang des Kaiserreiches stark beschnitten, aber nicht völlig aufgegeben). Mit dem sogenannten „Anschluss“ wurde er von den Nazis eingezogen, die auch gleich den größten Teil des noch verbleibenden kirchlichen Vermögens beschlagnahmten, sodass die Kirche im „Dritten Reich“ praktisch mittellos war. Zugleich installierten die neuen „Machthaber“ das Kirchenbeitragssystem mit dem Hintergedanken, der katholischen Kirche damit jede finanzielle Grundlage zu entziehen.
1945 konnte die Kirche erreichen, dass ihr ein Teil des beschlagnahmten Vermögens zurückerstattet wurde. Doch nicht alles, und auch der „Religionsfonds“ wurde nicht wieder errichtet. Stattdessen blieb man beim Kirchenbeitragssystem, und die Republik als neuer Eigentümer des Vermögens aus dem alten Religionsfonds und eines Gutteils des beschlagnahmten Kirchenvermögens bezahlt seitdem aus den Erträgen dieses Vermögens („Zinsen“) eine staatliche Wiedergutmachung an die Kirche – die Alternative wäre die völlige Restitution gewesen. Damit sollte klar sein: Der Staat „schenkt“ der Kirche kein Geld, sondern er hat Vermögen der Kirche einbehalten und zahlt eine Entschädigung dafür. Diese beträgt für ganz Österreich ca. 46 Millionen Euro pro Jahr.
Immobilien und landwirtschaftlicher Grundbesitz
Der landwirtschaftliche Grundbesitz mit kirchlichem Bezug findet sich vor allem an zwei Stellen: in den Pfarren und in den Stiften. Zu den Stiften ist oben schon das Meiste gesagt worden. Etwas Wesentliches muss man hier allerdings auch mit einbeziehen: Wenn etwa das Stift Admont zu den größten Waldbesitzern in der Nordsteiermark gehört, muss berücksichtigt werden, dass das mit dem Tourismus zusammen die wesentliche Einnahmequelle des Stiftes ist. Es ist aber zugleich auch Arbeitgeber. Neben über 20 Mönchen sind ca. 500 Arbeiskräfte in Betrieben des Stiftes tätig und haben dort einen sicheren Arbeitsplatz; im mittleren Ennstal ist das Stift damit ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Mittelbar lebt die Region auch wesentlich vom Stift (Tourismus), das aber neben den Personalkosten auch enorme Baulasten mit sich bringt. Der landwirtschaftliche Grundbesitz stellt also durchaus einen Wert dar, der aber nicht einfach verkauft werden kann – weil damit das Stift mittelfristig untergeht, mit allem, was daran hängt.
Auch Pfarren haben Grundbesitz, aus historischen Gründen – insbesondere die Pfarrer am Land haben jeweils eine kleine Landwirtschaft mit betrieben, um sich wenigstens zum Teil selbst versorgen zu können. Zahlreiche „Pfarrerwitze“ gehen darauf zurück; und in Nestelbach bei Graz zeugt noch der alte Saustall hinter dem Pfarrhof, in dem nun rechts die Garagen untergebracht sind, von dieser Tätigkeit (unser Nestelbacher Altpfarrer Friedrich Tieber seligen Andenkens hat noch gelernt, so zu arbeiten). So war jeder Pfarre ein kleinerer oder größerer Grundbesitz zugeordnet, die sogenannte „Pfründe“. Diese Grundstücke sind heute meistens um einen fairen Zins an lokale Bauern verpachtet. Im Fall von Nestelbach bei Graz sind das ca. 20 ha Wald und Wiesenflächen. Die Einnahmen daraus gehen an die Diözese; sie firmieren wie oben angeführt unter „Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung“ und dienen der laufenden Bezahlung der Kleriker. An dieser Stelle muss man auch klar sagen, dass die Kirche einen eigenen Fonds erhält, der mit (Stand 2015) ca. 40 Mio. Euro dotiert ist – und zwar, damit aus dessen Erträgen die Pensionen und notwendigen medizinischen Behandlungen der Altpriester bezahlt werden können. Pfarrer sind im Allgemeinen nicht sozialversichert – denn der Bischof hat kirchenrechtlich ihnen gegenüber eine Obsorgepflicht und muss gerechterweise für sie aufkommen. Wenn man das Durchschnittsalter des Klerus in der Steiermark bedenkt, dann ist klar, dass da einiges zusammenkommt – und die Zinsen aus diesem Topf bei der derzeitigen Wirtschaftslage bei weitem nicht ausreichen.
Und dann gibt es noch Gebäude, die meisten davon unveräußerlich (Kirchen, Kapellen), viele andere zum laufenden Betrieb notwendig (wie das bischöfliche Ordinariat), aber die allermeisten davon mit strengen Denkmalschutzauflagen … und damit weitgehend unverkäuflich. Etliche sind vermietet (Pfarrhöfe, die nicht mehr gebraucht werden). Die Mieteinnahmen fließen ebenso in denselben Posten. In der gesamten Diözese Graz-Seckau werden derzeit (Stand 30.3.2020) insgesamt 2000 Immobilien veraltet; davon sind 1/3 Kirchen und Kapellen, 1/3 Pfarrhöfe, und 1/3 sonstige wie Schulen, Kindergärten, Heime, Bibiliotheken, Wohnhäuser und andere Objekte. Die Kanzlei des Wirtschaftsdirektors schreibt mir dazu: “ Der Gebäudebestand wird auf seine Notwendigkeit überprüft und nur der für die Pastoralen- und Bildungszwecke nötige Teil behalten. Dieser muss aber leider auch mit allen Kosten erhalten werden.“ Diese sogenannten Baulasten kennen wir auch in Nestelbach nur allzu gut – wir haben 2019 das Pfarrheim saniert (das in diesem Fall nicht der Diözese gehört, sie hat aber dennoch einen größeren Zuschuss geleistet) und sehen, wie mühevoll es ist, die Kosten auf- bzw. wieder hereinzubringen.
Einnahmen und Ausgaben: Bilanz
Damit sind wir beim sicher interessantesten Teil dieses Beitrages, der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben. Den oben angeführten Einnahmen von 105 Mio. stehen Ausgaben von 110 Mio. gegenüber. Sie entfallen auf Pfarren (Gehälter, Betrieb, Sachaufwand, Zuschüsse, 46%), pastorale Aufgaben (Leistungen der Kirche direkt vor Ort, 16%), Bildung, Kunst und Kultur (Museen, Weiterbildungsveranstaltungen, Vorträge, 16%), soziale und karitative Aufgaben (3%), Weltkirche und Entwicklungshilfe (3%) und Leitung, Verwaltung und Organisation (17%). Die Differenz wurde aus Rücklagen finanziert. In absoluten Zahlen heisst das: 2,6 Mio Euro des Diözesanbudgets fließen in einem ganz normalen Jahr ohne Wenn und Aber in soziale und karitative Aufgaben im Inland. Der „Entwicklungshilfe“-Anteil ist mit 3,4 Mio noch höher dotiert; mit einer gewissen Berechtigung, würde ich meinen, denn anders als bei uns gibt es in den Zielländern der Hilfsaktionen keine Grundversorgung, kein Sozialsystem – und mitunter nicht einmal Menschenrechte.
In dieser für sich gesehen schon beeindruckenden Zahl ist aber noch nicht enthalten, was Pfarren vor Ort im Bereich von Spenden tun. Wenn jemand mit einem akuten Problem zu einer Pfarre kommt, dann wird geholfen, machmal durch Vermittlung von Hilfe, meist aber durch eine direkte und unmittelbare finanzielle Unterstützung. Freilich, das sind keine vergleichbaren Budgets; in der Pfarre Nestelbach ist es in der Regel ein mittlerer vierstelliger Betrag, den Menschen in unmittelbarer Not bekommen (Nahrungsmittel, Heizmaterial, Mietrückstände, die eine Delogierung drohen lassen, Rechnungen für Wasser und Strom, die nicht bezahlt werden können, unerwartete Ereignisse wie ein Brand, bei dem eine Soforthilfe notwendig ist). Und wenn man das jetzt mit den 200 Pfarren in der Steiermark multipliziert, dann kommt auch wieder einiges zusammen.
„Beten allein hilft nicht“
Nach meiner persönlichen Erfahrung weiß ich, dass Beten auch hilft. Und zwar eine ganze Menge. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass ich als Mensch das Meine so gut wie möglich tue. Was NICHT funktioniert, ist, die Verantwortung ganz auf Gott abzuwälzen: Wir sind nun einmal SEINE verlängerten Arme auf dieser Welt, und als Christinnen und Christen aufgerufen, aktiv mitzuwirken, damit das Reich Gottes sichtbar werden kann. Insofern hat der Satz schon eher seine Richtigkeit als das Zitat, das die Überschrift dieses Artikels bildet: Beten allein hilft nicht, wenn man seine anderen Möglichkeiten nicht auch nutzt. Ein älterer Mensch, der vielleicht noch körperlich beeinträchtigt ist; oder jemand, der chronisch krank ist; Mitglieder von Orden, die ihrem Wesen nach das Leben dem Gebet für uns allen widmen, oder Mittellose mit „zwei linken Händen“ – in diesen Fällen ist mit Beten allein viel getan, und dafür danken wir auch herzlich.
Mein Aufruf in diesem Zusammenhang ist: Besinnen wir uns darauf, dass wir alle Kirche sind und vereinen wir die Ansätze von Gebet und aktiver (Mit)arbeit – DAS ist der eigentliche Reichtum, die eigentliche unendliche Ressource der Kirche. Wir als Gemeinschaft, wir als die, die mit Hand anlegen in spiritueller und materieller Hinsicht. Auch dafür ein herzliches Danke.
Soviel also zu den „unermesslichen Ressourcen der Kirche“. Ich hoffe, mit diesen Zeilen kann ich einiges zur Klarheit in dieser Frage beitragen. Es ist mir auch ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass angesichts dieser Situation die steirische Kirche einiges leistet (für die anderen Diözesen habe ich keine so klaren Zahlen, aber es dürfte österreichweit ähnlich sein). Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung!