Im Laufe eines Telefonates wurde ich unlängst gefragt: „Wir leben in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft und würden gerne unser Kind taufen lassen. Würden Sie das machen?“
20 Jahre lang bin ich Diakon, und das hatte ich noch nie. Dennoch konnte ich (nach einer kurzen Schrecksekunde) unmittelbar antworten: „Natürlich. Die administrativen Details wie den Termin bitte direkt mit der Pfarrkanzlei zu klären, und wir müssten uns mit Ihrem Partner und dem Taufpaten zu einem ausführlichen Taufgespräch treffen.“
Denn unabhängig von der Lebensform der Eltern geht es bei der Taufe ja um das Kind und ich habe nur – und zwar in jedem Fall – festzustellen, ob sich die Familie des zentralen, religiösen und unwiderruflichen Charakters dieses Sakramentes bewusst ist, und ob die Begleitung des Kindes im christlichen Glauben gewährleistet ist. Im konkreten Fall hatten wir ein wunderbares Taufgespräch und eine sehr berührende und überzeugende Feier.
Es ist auch anders denkbar, aber das ist unabhängig von der Familienkonfiguration. Es ist mir im Laufe der vergangenen 20 Jahre ca. fünfmal passiert, dass ich die Eltern bzw. Paten gebeten habe, ihren Wunsch nochmals zu überdenken bzw. die Feier aufzuschieben – man glaubt es nicht, aber sogar heute noch gibt es Konstellationen, in denen aus sozialem Druck, aus alter Gewohnheit oder nur „damit wir eine schöne Feier haben“ getauft werden soll. Reicht das? Ich denke nicht. Dazu ist mir dieses grundlegende Eingliedern nicht nur in die katholische, sondern in die christliche Weltkirche zu wichtig.
Ich glaube, aus diesen Formulierungen erkennt man auch schon, dass ich heteronormativ denke – ein Terminus, den man heute fast nicht mehr verwenden darf, weil er insinuiert, dass man Heterosexualität für den Normalfall hält. Nun ja … das tue ich, deswegen passt der Begriff für mich. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass die natürliche Idealform der Beziehung die zwischen Mann und Frau ist (und ich bin optimistisch genug um hinzuzufügen: „die monogame Beziehung“). Dass es in unserer Lebensrealität einen relativ kleinen Prozentsatz von Menschen gibt, für die eine solche „normale“ Beziehung nicht funktioniert, ist folgerichtig aus meiner Sicht die Ausnahme und nicht die Regel. Leitet sich daraus eine Benachteiligung oder Diskriminierung der gleichgeschlechtlichen Beziehungen ab? Ich denke nicht. Und ich kenne selbst solche Partnerschaften, in denen wesentlich liebevoller miteinander umgegangen wird als in manchen langjährigen regulären Ehen.
Das bringt mich zurück zum Thema Kinder in derartigen Beziehungen. Aus meiner Sicht ist der wünschenswerte familiäre Idealfall die Zusammensetzung Mutter-Vater-Kind(er) in einer liebevollen und miteinander wertschätzend umgehenden Beziehung. Aus meinem eigenen Alltag weiß ich aber, dass das auch bei den besten Absichten und Voraussetzungen oft ein Ideal bleibt. Am anderen Ende der Skala steht diesem Ideal das Kind gegenüber, das – eventuell noch traumatisch belastet – in einer Betreuungseinrichtung lieblos und ohne Beziehungsperson aufwachsen muss. Das kommt gottlob auch nicht häufig vor – wenn auch noch immer zu oft.
Wenn also ein Kind in einer funktionierenden gleichgeschlechtlichen Partnerschaft aufwachsen kann, dann ist das aus meiner Sicht zwar kein Idealfall – aber noch viel weiter entfernt vom anderen Ende der Skala.